Mit einem kalenderbereinigten Rückgang von 9,4 Prozent im Juni 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat befindet sich die Baustoffproduktion laut den neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes nun im dritten Jahr der abnehmenden Produktion. Im ersten Halbjahr 2024 ging die Produktion damit um 13,1 Prozent zurück. „Die erhoffte Bodenbildung setzt weiterhin nicht ein. Im Vergleich zum Juni 2021 sprechen wir sogar von einem Minus von 26,4 Prozent“, sagt Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden (bbs), dem Dachverband der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie. „Dieser Zustand trägt zur deutschen Wachstumsschwäche bei, denn weniger Baustoffe bedeuten weniger bezahlbaren Wohnraum, weniger leistungsfähige Infrastruktur, weniger Energiewende und mit Blick auf den Sanierungsmarkt weniger Klimaschutz.“
Besonders hart trifft es, wie auch schon in den Monaten zuvor, den Neubau. Doch auch die Branchen, die überwiegend in den Tiefbau oder den Sanierungsmarkt liefern, verzeichnen Rückgänge – meist im zweistelligen Prozentbereich. Zu Beginn des Jahres ging der Verband noch von einer rückläufigen Produktion über alle Sektoren zwischen -5 und -10 Prozent aus. „Um das Ziel zu erreichen, müssten wir jetzt eine 180-Grad-Wende erzielen – das ist angesichts der multiplen Krisen nahezu ausgeschlossen“, sagt Frederichs. Auf Grundlage der aktuellen Daten und Rückmeldungen aus den Unternehmen hat der Verband seine Prognose nun auf „im optimistischen Falle minus 10 Prozent“ korrigiert.
Eine verlässlichere Politik wäre laut Frederichs das beste Mittel, um der Krise entgegenzutreten. Doch in der Praxis stehe sich die Bundesregierung meist selbst im Weg. „Die Ampel macht in vielen Segmenten vermeidbare Fehler“, kritisiert Frederichs und führt weiter aus: „Die Förderprogramme für den Neubau sind chronisch unterfinanziert und in den Anforderungen zu streng ausgelegt.“ Mit Blick auf die aktuellen Gutachten zum Bundeshaushalt 2024 seien die Budgets für Bahn und Autobahn „auf die letzte Kante genäht worden – und das mit weiterhin bestehenden rechtlichen Unklarheiten – Planungssicherheit? Fehl-anzeige!“ Auch für die im Bundeswirtschaftsministerium beheimatete Sanierungsförderung vermisse die Branche positive Signale: „Wir warten immer noch auf die im letzten Jahr versprochene Verdoppelung der Sanierungsförderung für Maßnahmen an der Gebäudehülle. Stattdessen hat man nun die Energieberater-förderung ohne vorherige Ankündigung über Nacht gekürzt. Die Klimaziele für den Gebäudesektor scheinen nicht die notwendige Priorität zu genießen.“
Grundsätzlich positiv bewertet der Verband den aktuellen Vorstoß der Bundesregierung zum sogenannten Gebäudetyp E, bei dem auf unnötige Anforderungen im Bau verzichtet werden kann, ohne die bauliche Qualität zu beeinträchtigen. „Wenn wir es tatsächlich schaffen sollten, die Baukosten pro Quadratmeter signifikant zu senken, wäre das ein sehr positives Signal.“ Der Verband kündigte an, sich in den politischen Konsultationen aktiv zu beteiligen.
Auf den baupolitischen Gipfel des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum setzt Frederichs aktuell wenig Hoffnungen. Auch wenn der Bündnistag 2023 mit dem damals veröffentlichten 14-Punkte-Plan wichtige Akzente gesetzt habe, seien die Vorhaben weitestgehend im Streit um den Bundeshaushalt 2024 zerrieben worden. Zudem ist der diesjährige Termin erst für Dezember angesetzt, bis dahin sei „die Messe haushaltspolitisch längst gelesen“, und die Parteien würden nur kurze Zeit später in den Wahlkampfmodus für die im Herbst anstehende Bundestagswahl wechseln.