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Die Baustoff-Steine-Erden-Industrie blickt mit großer Unsicherheit auf das Jahr 2024. Die Zinswende, hohe Baukosten, verschlechterte Wohnungsbau-Förderbedingungen und die enorme Unsicherheit für alle am Bau Beteiligten haben bereits 2022 einen Abschwung in der Bauwirtschaft eingeleitet. Dieser hat sich 2023 massiv verschärft und ganz besonders den Wohnungsbau betroffen. Laut Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs), dem Dachverband der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie, seien der Politik die Herausforderungen am Bau bekannt, dennoch werden zentrale Versprechungen nicht eingelöst oder nach kurzer Zeit wieder aufgekündigt.

„Deutschland befindet sich seit mittlerweile über anderthalb Jahren in einer handfesten Baukrise“, so Matthias Frederichs, bbs-Hauptgeschäftsführer. Die Baustoff-Steine-Erden-Produktion ist 2023 über alle Sektoren um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen. Besonders stark betroffen waren dabei die Bereiche, die schwerpunktmäßig in den Wohnungsbau liefern – etwa die Ziegel-, Kalksandstein- oder Porenbetonindustrie. Aber auch andere Industriezweige zeigten starke Produktionsrückgänge.

Nach einem schwierigen Jahr seien laut bbs auch die Weichenstellungen für 2024 nicht optimal verlaufen. „Die Einigung zum Bundeshaushalt 2024 führt allein durch die steigenden Übertragungsnetzentgelte zu Mehrkosten für die Baustoffindustrie von über 200 Mio. Euro. Daneben sind wichtige Beschlüsse des Baugipfels, etwa die angekündigte Aufstockung der Sanierungsförderung bei der Gebäudehülle, wieder zurückgenommen worden. Kurz zuvor war noch die Verdoppelung der LKW-Maut beschlossen worden, was weitere Mehrkosten von rund 400 Mio. Euro ab 2024 bedeutet.“ Laut Frederichs klaffen in der Baupolitik der Bundesregierung Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinander: “Wenn die Produktionskosten in die Höhe getrieben werden und kein Verlass mehr auf eine zielgerichtete Wohnungsbau- und Sanierungsförderung ist, wird es doppelt schwierig, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.“

Für 2024 appelliert der bbs an die Bundesregierung, die baupolitischen Versprechungen einzuhalten und endlich für mehr Planungssicherheit zu sorgen. Dazu gehöre in erster Linie die schnelle Umsetzung aller beim Wohnungsbaugipfel im vergangenen September beschlossenen Maßnahmen. Für die benötigten Impulse bei der Transformation im Immobilienbereich, bei der Infrastruktur und der industriellen Produktion müssen darüber hinaus langfristig belastbare Finanzierungswege gefunden werden. Nur so könne Deutschland erstens Klimaziele und Wirtschaftswachstum in Einklang bringen und zweitens den zunehmenden sozialen Implikationen einer mangelhaften Versorgung an bezahlbaren Wohnraum entgegenwirken. Darüber hinaus drohen erhebliche Berichtspflichten in den Bereichen Nachhaltigkeit oder Energieeffizienz vor allem den industriellen Mittelstand zu überfordern. „Auch hier hatte die Bundesregierung bereits 2022 das richtige Signal gesetzt und ein Belastungsmoratorium beim Bürokratieaufwand angekündigt. Auf die Umsetzung warten wir bis heute – jetzt wäre der richtige Zeitpunkt“, so Frederichs.

Mit der im Januar 2023 in Kraft getretenen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet die Europäische Kommission eine Vielzahl an in der Europäischen Union tätigen Unternehmen stufenweise ab dem Geschäftsjahr 2024 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, auch ESG-Reporting genannt. Allein in Deutschland erweitert sich der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen von derzeitig 500 auf rund 15 000. Entsprechend groß war das Interesse am Online-Seminar „Nachhaltigkeitsberichterstattung in der rohstoffgewinnenden Industrie“ am 15. November 2023, an dem über 200 Vertreterinnen und Vertreter aus der rohstoffgewinnenden Industrie teilnahmen. Für die Veranstalter, den Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden (bbs) und die Vereinigung Rohstoffe und Bergbau (VRB), ein eindeutiges Zeichen, wie sehr die neuen europarechtlichen Berichtspflichten die Unternehmen beschäftigen.

Feste Standards, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sollen die Berichte zukünftig vereinheitlichen. „Mit der CSRD und den ESRS werden in der Europäischen Union erstmals detaillierte und verbindliche EU-weite Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt, fasste Thomas Schmotz vom Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) während des Online-Seminars die Besonderheit der ESRS zusammen.

Mit seinen über 1 000 Datenpunkten ist das im Juli 2023 von der Europäischen Kommission vorgelegte ESRS Set 1 allerdings aus Sicht von bbs und VRB kritisch zu bewerten. Die meist mittelständischen Unternehmen der rohstoffgewinnenden Industrie berichteten im Rahmen des Seminars von großen, möglicherweise zu komplexen Herausforderungen. Innerhalb eines Zeitraums von knapp zwei Jahren müssen neue Abläufe und Zuständigkeiten etabliert werden, um die Daten aus sämtlichen Betriebsstandorten zusammenzutragen. Zusätzlich schreibt die CSRD eine Prüfung der Berichte durch externe Sachverständige vor. Deren Umsetzung in nationales Recht ist bisher noch nicht erfolgt. Aufgrund des mit dem ESG-Reporting verbundenen hohen bürokratischen Aufwands fehle es in den Unternehmen zudem häufig an Personal.

Insbesondere die sozialen Berichtspflichten gehen mit einer Vielzahl an Fragestellungen für die Unternehmen einher. Das sieht auch Garunya Wieczorek von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) so, die zur sozialen Nachhaltigkeit berichtete: „Nachhaltigkeit ist für deutsche Unternehmen ein wichtiges Wettbewerbsthema und sie setzen sie sich für eine angemessene Berichterstattung ein. Die CSRD gibt allerdings fast allein 400 Datenpunkte im Bereich Soziales vor. Die sichere und verlässliche Datenerhebung und deren Bearbeitung stellen Unternehmen vor rechtliche und betriebspraktische Dilemmata. Klarheit und Kohärenz in der Berichterstattung sind daher unabdingbar.“

Katarin Wagner, Co-Geschäftsführerin von econsense, dem Nachhaltigkeitsnetzwerk der Deutschen Wirtschaft, verwies in ihrem Vortrag zu den EU-Transparenzanforderungen auf die Chancen für die Wirtschaft: „Die CSRD wird sich für Unternehmen als Vorteil entwickeln. Sie trägt dazu bei, das Vertrauen von Investoren und weiteren Stakeholdern zu stärken. Und indem Unternehmen transparent über ihre Nachhaltigkeitspraktiken und -leistungen berichten, erfordert dies kollaborative cross-divisionale Interaktionen zwischen den Abteilungen, die wiederum zu einem echten, nachhaltigen Mehrwert führen.“

Während die Unternehmen mit der Umsetzung des ESRS Set 1 beginnen, arbeitet die Europäische Kommission bereits an weiteren, sektorenspezifischen Standards. Erste Entwürfe für die rohstoffgewinnende Industrie lagen bereits im Frühjahr 2023 vor. Ein Abbau der Bürokratie, wie von der Europäischen Kommission nach eigener Zielsetzung angestrebt, ist damit aus Sicht von bbs und VRB nicht zu erkennen.

Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wie Kies, Sand, Quarzkies, Naturstein, Gips, Kalk, Kaolin oder Ton kann in Deutschland fast vollständig aus heimischen Quellen gedeckt werden. Angesichts der bestehenden Herausforderungen der ökologischen Transformation (u. a. Ausbau erneuerbarer Energien, Stärkung der Verkehrsinfrastruktur, bezahlbare Wohnraumversorgung) ist davon auszugehen, dass die Nachfrage auf einem hohen Niveau verbleiben wird. Eine langfristige und verlässliche heimische Rohstoffversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge und daher im besonderen öffentlichen Interesse.

Als Dachverband der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie weisen wir im Positionspapier auf die aus unserer Sicht zentralen Themen hin. Dazu gehören die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren wie auch eine nachhaltige Sicherung von heimischen Rohstoffen. Rund 30 Prozent der Steine-Erden-Unternehmen verfügen über eine bergrechtliche Genehmigung, so dass Verfahrensvereinfachungen im Rahmen der geplanten Novellierung des Bundesberggesetzes zu begrüßen wären.

Die Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) wählte am 18. Oktober in Heidelberg einen neuen Vorsitz.

Vorsitzende der Vertreterversammlung sind Susanne Hardies (55) und Wolf Müller (62). Susanne Hardies ist Betriebsratsvorsitzende bei der RAG AG, Betrieb Zollverein/Pluto, und vertritt die Arbeitnehmerseite in diesem Amt bereits seit 2019. Wolf Müller wurde erstmals zum Vorsitzenden der Vertreterversammlung auf Arbeitgeberseite gewählt. Müller ist der Selbstverwaltung der BG RCI beziehungsweise einer ihrer Vorgängerorganisationen, der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft, seit 1993 verbunden. Hauptberuflich ist er Rechtsanwalt bei der Sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft Steine – Erden und Geschäftsführer Recht beim Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden. Er löst Dr. Christoph Hommertgen ab, der sich zum Ende der letzten Wahlperiode in den Ruhestand verabschiedete.

Als Vorsitzende des Vorstands wurden Christian Pfaff (54), Betriebsratsmitglied bei der BASF SE, und Dr. Uwe Müller (63), bis vor Kurzem Leiter der Abteilung Umweltschutz und Sicherheit der Henkel AG & Co. KGaA, wiedergewählt. Beide haben diese Funktion seit 2017 inne.

Sowohl im Vorstand als auch in der Vertreterversammlung ist der Vorsitz zwischen der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite paritätisch aufgeteilt. Innerhalb der sechsjährigen Wahlperiode wechselt der Vorsitz jedes Jahr im Oktober. Dieser alternierende (= wechselnde) Vorsitz bedeutet, dass die Vorsitzenden gleichberechtigt sind.

Deutschland braucht schnell die Entscheidung für einen wirksamen Brückenstrompreis. Das fordern die Verbände und Gewerkschaften der energieintensiven Industrien sowie der DGB. Diese Organisationen haben sich in dieser Woche zu einer Allianz pro Brückenstrompreis zusammengeschlossen. Die Mitglieder der Allianz vertreten insgesamt mehr als 1,1 Millionen Beschäftigte in über achttausend Unternehmen. Insgesamt hängen laut einer aktuellen Kurzstudie bis zu 2,4 Mio. Arbeitsplätze und gut 240 Mrd. Euro Wertschöpfung an den Unternehmen den energieintensivsten Branchen. Sie sichern Bund, Ländern und Kommunen mit jährlich rund 90 Milliarden Euro Steuerzahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen hohe Einnahmen.

Die Mitglieder der Allianz sprechen sich für eine schnelle Lösung der derzeitigen Debatte um einen Brückenstrompreis aus. Es sei „fünf vor zwölf“ für die energieintensiven Industrien. Längst drohten Verlagerungen, Standortschließungen und der Verlust von Arbeitsplätzen.

Gemeinsam bekennen sie sich zum Industriestandort Deutschland und der Transformation zu einer klimaneutralen Produktion. Strom werde dabei immer wichtiger. Bis dieser in ausreichenden Mengen aus erneuerbaren Energien zur Verfügung stehe, sei ein wettbewerbsfähiger, zeitlich begrenzter Brückenstrompreis dringend notwendig. Nach monatelangem Hickhack müsse nun eine Entscheidung für die Zukunft der Industrie in Deutschland getroffen werden. Vor allem der Bundeskanzler müsse klar Stellung beziehen.

In gemeinsamen Schreiben an politisch Verantwortliche in Bund und Ländern kündigte die Allianz an, in den kommenden Tagen und Wochen das Gespräch mit Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, Mitgliedern des Kabinetts sowie Abgeordneten in Bund und Ländern zu führen.

Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. (bbs): Ohne wettbewerbsfähige Strompreise für die industrielle Produktion gefährden wir nicht nur den Wohlstand des Landes, sondern auch unsere Anstrengungen in die Transformation. Wer die Energie-, Verkehrs- und Bauwende umsetzen und regionale Wertschöpfungsketten erhalten will, muss gerade in Krisenzeiten einen klar definierten Rahmen für Planungs- und Investitionssicherheit vorlegen. Ein solches Umfeld ist zwingend auf einen Brückenstrompreis und die Fortführung des Spitzenausgleichs angewiesen.

Weitere Statements der Vertreter der Allianz pro Brückenstrompreis

Franziska Erdle, Hauptgeschäftsführerin WirtschaftsVereinigung Metalle e.V.: Die NE-Metallindustrie befindet sich aufgrund der hohen Strompreise in einer äußerst schwierigen Situation. Einige Unternehmen mussten bereits ihre Produktion stark drosseln bzw. ganz einstellen. Die Politik muss dringend vom Diskutieren ins Handeln kommen und einen Industrie- bzw. Brückenstrompreis einführen. Andernfalls droht der unwiderrufliche Verlust von transformationsrelevanter Industrie in Deutschland und damit eine Zunahme der Abhängigkeiten in der Grundstoffversorgung, insbesondere von China.

Yasmin Fahimi, Vorsitzende Deutscher Gewerkschaftsbund: Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen stellen, damit Deutschland ein erfolgreiches und klimaneutrales Industrieland wird. Hochwertige Industriearbeitsplätze und starke industrielle Wertschöpfung wird es auch in Zukunft geben müssen. Dafür braucht die Industrie endlich Verlässlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit beim Strompreis. Allerdings nicht ohne sich dabei auch zu Standort- und Tariftreue zu bekennen. Bei allen Anstrengungen der Bundesregierung: wir dürfen jetzt nicht auf halber Strecke stehen bleiben. Die Bundesregierung muss ihren Ankündigungen daher Taten folgen lassen und den Brückenstrompreis zügig umsetzen. Abwarten können wir uns schlicht nicht leisten.

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender IG Metall: Die aktuell hohen Energiekosten, und die Tatsache, dass Deutschland mit die höchsten Industriestrompreise in Europa aufweist, verlangen faire Lösungen. Anderenfalls drohen die Stahlerzeugung, die Aluminiumindustrie und weitere energieintensive Branchen eher früher als später aus Deutschland zu verschwinden. Die Folgen dessen für die gesamte deutsche Industrie wären fatal. Aus Sicht der IG Metall muss ein Brückenstrompreis folgende Aspekte beinhalten: Eine Beschränkung auf die energieintensive Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, eine zeitliche Befristung verbunden mit einer konkreten Transformationsperspektive zum Bezug günstiger regenerativer Energie, um Mitnahmeeffekte zu verhindern sowie - uns als Gewerkschaft besonders wichtig - Investitionen der geförderten Unternehmen in die Transformation, Standortgarantien und Verpflichtung zur Tariftreue.

Bernhard Osburg, Präsident Wirtschaftsvereinigung Stahl: Langfristig ist das Ziel eine marktwirtschaftliche, stabile und wettbewerbsfähige Versorgung mit grünem Strom und Wasserstoff. Bis es so weit ist, brauchen wir als energieintensive Unternehmen einen zeitlich begrenzten Brückenstrompreis, weil unsere Stromkosten gerade im internationalen Vergleich deutlich zu hoch liegen. Das gilt umso mehr für die Dekarbonisierung, die wir jetzt mit Riesenschritten vorantreiben - günstige Energie wird zum entscheidenden Faktor für das Gelingen der Transformation.

Dr. Johann Overath, Hauptgeschäftsführer Bundesverband Glasindustrie e.V.: Die Glasindustrie will bis zum Jahr 2045 klimaneutral produzieren. Dazu wird derzeit an zwei Technologien geforscht, für die Strom aus Erneuerbaren Energien zur Verfügung stehen muss: die Elektrifizierung der Glaswannen und der Einsatz von Wasserstoff. Bis genügend Grünstrom zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zur Verfügung steht, brauchen wir einen Industriestrompreis, denn der Stromverbrauch wird durch Dekarbonisierungsmaßnahmen zunächst steigen, da Strom die Basis sowohl für die Elektrifizierung von Teilprozessen in der Glasproduktion als auch für den Einsatz von Wasserstoff durch Elektrolyse ist.

Winfried Schaur, Präsident Die Papierindustrie e.V.: Für die Papierindustrie in Deutschland ist es schwierig, im internationalen Preiswettbewerb zu bestehen. Neben anderen stabilen Rahmenbedingungen muss endlich ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis als Brückenlösung eingeführt und die Beibehaltung des Spitzenausgleichs für 2024 garantiert werden. Gerade in der energieintensiven Papiererzeugung spielen eine bezahlbare und sichere Energieversorgung sowie deren langfristige Planbarkeit für Investitionsentscheidungen eine besondere Rolle.

Markus Steilemann, Präsident Verband der Chemischen Industrie e.V.: Unsere Industrie steht am Scheideweg. Das Haus brennt, und wir brauchen den Brückenstrompreis dringend als Löschwasser. Damit die vorhandene gute Substanz erhalten bleibt und wir mit voller Kraft die ökologische Transformation angehen können. Wir wollen in Zukunft ein runderneuertes Haus präsentieren und keine Ruine beklagen.

Michael Vassiliadis, Vorsitzender IG Bergbau, Chemie, Energie: Die Energiekrise setzt den Standort Deutschland unter Handlungsdruck: Wir dürfen eine hochentwickelte Industrie mit Hunderttausenden gut bezahlten Arbeitsplätzen nicht einfach aufgeben – wir müssen sie intelligent weiterentwickeln. Einen Exodus der energieintensiven Betriebe können wir uns weder gesellschaftlich, noch volkswirtschaftlich oder klimapolitisch leisten. Zu entscheidend sind sie für die Transformation der Industrie insgesamt. Jetzt gilt es, unsere Stärken zu stärken und die Rahmenbedingungen für die energieintensive Industrie wieder auf Augenhöhe mit denen anderer Wirtschaftsnationen zu bringen. Dazu gehört zuallererst ein fairer Strompreis. Von starken Energieintensiven profitiert die komplette industrielle Wertschöpfungskette – und damit schlussendlich das gesamte Land.

Mitglied der Allianz sind:

- Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V.
- Bundesverband Glasindustrie
- Deutscher Gewerkschaftsbund
- Die Papierindustrie
- IG BCE
- IG Metall
- Verband der Chemischen Industrie
- Wirtschaftsvereinigung Metalle
- Wirtschaftsvereinigung Stahl

Die Bundesregierung plant eine drastische Erhöhung der Lkw-Maut. Der Mitte Juni vom Kabinett beschlossene Entwurf zum „Dritten Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften“ sieht vor, dass die Maut ab 01. Dezember 2023 um eine CO2-Komponente in Höhe von 200 Euro je Tonne ergänzt wird – dies entspricht 15,8 ct je km für schwere Euro 6-Lkw. Ein Bündnis von sechs Verbänden aus transportintensiven Branchen hat in einem Brief an den Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages die geplanten Änderungen kritisiert.

So fordern die Hauptgeschäftsführer und Geschäftsführer der beteiligten Verbände, den Geltungsbeginn im Dezember 2023 um einen Monat ins neue Jahr zu verschieben, da „üblicherweise zum Wechsel des Kalenderjahres Preislisten und Verträge überarbeitet werden“. Ansonsten käme es für die betroffenen Betriebe „neben der zusätzlichen Belastung durch die CO2-Komponente auch noch zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand.“

Durch den neuen CO2-Teilsatz verdoppele sich laut den Verbänden die bisherige Maut. Insbesondere bei transportkostenintensiven Gütern führe dies zu erheblichen Preissteigerungen, wodurch die ohnehin schon hohe Inflation weiter angeheizt werde. Der aktuelle Gesetzesentwurf sehe, entgegen des Koalitionsvertrages, eine Doppelbelastung zusätzlich zur bereits bestehenden CO2-Abgabe laut Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) vor. Die Verbände appellieren, den Koalitionsvertrag einzuhalten und zumindest von der Doppelbelastung abzusehen. Als bürokratiearme Lösung wird vorgeschlagen, den neuen Maut-Teilsatz für schwere Euro 6-Lkws angesichts der bereits bestehenden CO2-Abgabe in Höhe von 35 Euro je Tonne ab 2024 auf 12 ct je Kilometer zu reduzieren. Damit wäre die Maut immer noch 50 % höher als der Richtwert der EU-Wegekostenrichtlinie, die lediglich 8 ct vorsieht.

Bereits im Mai hatte sich das Bündnis in einem ersten Schreiben an die Verkehrspolitiker gewandt. Schon damals appellierten die Verbände an die fehlende Lenkungswirkung der Lkw-Maut, da „alternative Antriebe bislang zu wenig verfügbar seien und die Verlagerung auf Schiene und Schiff für viele Branchen aufgrund kurzer Transportstrecken oder dezentraler Verkehre keine Option darstellen“. Nach dem Kabinettsbeschluss verhandeln nun die Regierungsfraktionen im Bundestag das Gesetz. Die Verabschiedung wird für Herbst 2023 erwartet.

Folgende Verbände haben sich an dem Brief beteiligt:

  • Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e. V.
  • Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V.
  • PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e. V.
  • DER AGRARHANDEL e. V.
  • DIE PAPIERINDUSTRIE e. V.
  • Wirtschaftsvereinigung Metalle e. V.

Die aktuelle Baukrise hat die gesamte Wertschöpfungskette Bau fest im Griff. Dies war auch ein zentrales Thema auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden (bbs). Trotz der höchsten Rückgangsraten der Baukonjunktur seit der Wiedervereinigung betonte die Branche, an der Einhaltung der Transformationspfade festzuhalten.

„Angefangen von der Rohstoffsicherung zieht sich die Krise heute über die gesamte Wertschöpfungskette Bau hinweg“, sagt Dr. Dominik von Achten, bbs-Präsident. „Teilweise deutliche Produktionsrückgänge und Kurzarbeit sind in unserer Branche angekommen. Die Zahlen sind eindeutig: Auf absehbare Zeit müssen wir erst einmal auf Sicht fahren.“ Das Statistische Bundesamt meldete für das erste Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum Produktionsrückgänge in der Baustoff-Steine-Erden-Industrie von -11,4 %. Die für April veröffentlichten Zahlen haben sich mit einem Rückgang von -15,1 % gegenüber dem Vorjahr nochmals verschlechtert. Einzelne Teilbranchen verzeichnen sogar Rückgänge von über 30 %.

Die Rezession lässt sich laut Baustoffbranche nicht mehr verhindern, dennoch gäbe es zahlreiche Maßnahmen zur Abschwächung. „Wir brauchen ein Moratorium bei der ständigen Verschärfung der Baustandards, um die aktuelle Verunsicherung abzubauen“, so von Achten. „Durch den Heizungsstreit ist viel Vertrauen bei der Gebäudesanierung verspielt worden. Umso wichtiger ist es daher, jetzt gleichermaßen in die Gebäudehülle und den Einsatz von erneuerbarer Wärme zu investieren. Bei der Verkehrsinfrastruktur muss das versprochene neue Deutschland-Tempo angesichts maroder Brücken, Schleusen und Schienenwege schnell umgesetzt werden – einschließlich entsprechender Planungskapazitäten und finanzieller Mittel.“

Die Mitgliederversammlung markierte in diesem Jahr außerdem das 75-jährige Verbandsjubiläum des bbs. Präsident von Achten versicherte mit Blick auf die Zukunft, dass trotz Krise die Transformation das oberste Ziel bleibt: „Wir sind optimistisch: Zum 100-jährigen Verbandsjubiläum werden wir klimaneutral sein.“ Die Branche unterstütze das Vorhaben der Bundesregierung, den Rechtsrahmen für CO2-Abscheidung und -nutzung (CCU/S) neu zu definieren. Generell wünscht sich von Achten von politischer Seite noch mehr Mut für Forschung und Entwicklung: „Wenn wir, besonders in der aktuellen Situation, wieder stärker auf Fortschritt und Innovationen setzen, dann gestalten wir die globale Transformation nicht nur tatkräftig mit, sondern sichern die lokale industrielle Wertschöpfung auf Jahrzehnte.“ Das vom Wirtschaftsministerium ins Spiel gebrachte Konzept für einen Industriestrompreis für energieintensive Industrien kann hier für den Übergang einen wichtigen Beitrag leisten. Entscheidend seien nun im nächsten Schritt die detaillierte Ausgestaltung von Höhe, Bedingungen und Adressatenkreis.

Von Achten appellierte zudem an die Bundesregierung, zentrale Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zügig umzusetzen, darunter das Abfallende für qualitätsgeprüfte Sekundärbaustoffe sowie beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren: „Die Fahrpläne für bessere Kreisläufe und die bedarfsgerechte Gewinnung von Rohstoffen für die Transformation liegen seit mehreren Jahren auf dem Elfmeterpunkt.“ Als politische Gäste nahmen an der Mitgliederversammlung die Bundesvorsitzende von Bündnis 90 / Die Grünen Ricarda Lang sowie der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Deutschlands Andreas Jung teil.

Erstmalig hat der Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden seinen Geschäftsbericht vollständig digital veröffentlicht. Unter dem Motto "Steine - Erden - Zukunft" werden auf einer neuen Website die bisherigen Publikationen "Aufgaben, Themen und Ziele" und "Zahlenspiegel" zusammen.

In einem gemeinsamen Appell haben Verbände der Baustoffindustrie, der Energieeffizienz sowie der Energieberater an Bundesbauministerin Geywitz und die zuständigen Landesminister der Bauministerkonferenz die Forderung formuliert, dass die energetische Sanierung des Gebäudebestands nicht vernachlässigt werden darf. Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden: „Erneuerbare Energie – Wärmeschutz – Heizungstechnik müssen als Dreiklang der Wärmewende gemeinsam gedacht werden. Die Bevorzugung eines Segments hingegen kostet wertvolle Akzeptanz in der Bevölkerung und vernachlässigt entscheidende Potenziale für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor.“

Die rückläufige Baukonjunktur erfasst mittlerweile die gesamte Wertschöpfungskette Bau, inklusive die Hersteller von mineralischen Baustoffen. Nachdem die Produktion in der Baustoff-Steine-Erden-Industrie 2022 bereits real um 3,6 Prozent rückläufig war, prognostiziert der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs) für 2023 einen erneuten Rückgang um 4 Prozent. Die Prognose basiert auf der Auswertung von wirtschaftlichen Daten des Statistischen Bundesamtes, des ifo-Instituts sowie der regelmäßigen bbs-Verbandsbefragung.

„Nachdem 2022 wegen steigender Inflation und Energiekrise als schwieriges Jahr in die Geschichte der Baustoffindustrie eingegangen ist, scheint für die Unternehmen konjunkturell weiterhin kaum Licht in Sicht zu sein“, sagt Dr. Matthias Frederichs, bbs-Hauptgeschäftsführer. Die Prognose steht im Einklang mit den jüngst veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamt zu den Auftragseingängen und Umsätzen im Bauhauptgewerbe. Während die Umsätze im Januar 2023 im Vergleich zum Vorjahresmonat real bereits um 9,5 Prozent zurückgegangen sind, deutet der Rückgang bei den Auftragseingängen von minus 19 Prozent auf eine weitere Beschleunigung der Talfahrt im Bau hin. Dabei war der Wohnungsbau im Januar 2023 mit einem Rückgang von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat am stärksten betroffen, aber auch die Bereiche Straßenbau (minus 24 Prozent), sonstiger Tiefbau (minus 9 Prozent) und Hochbau ohne Wohnungsbau (minus 16 Prozent) sind deutlich gesunken. Die sozialen Auswirkungen dieser Entwicklung dürften laut bbs immens sein. „400.000 neue Wohnungen pro Jahr sind – trotz des enorm hohen Bedarfs – mittlerweile in so weite Ferne gerückt, dass wir die Zahl aus dem politischen Diskurs bis auf Weiteres streichen können.“

Aus Sicht des Verbandes liegen schnell umsetzbare Lösungsvorschläge für mehr Wohnungsbau auf dem Tisch. So hatte kürzlich die Aktion Impulse für den Wohnungsbau, an dem sich der bbs mit 30 weiteren Verbänden beteiligte, einen 6-Punkte-Notfallplan veröffentlicht, der unter anderem die Anhebung des Neubaufördervolumens von 1,1 Milliarden Euro auf 10 Milliarden Euro forderte. Der Dachverband der mineralischen Roh- und Baustoffindustrie attestiert dem Bundesbauministerium zwar entschlossenen Willen für die Umsetzung, praktisch habe der Bausektor, insbesondere im Wohnungsbau, gegenüber Vorhaben anderer Ressorts aber zu häufig das Nachsehen. „Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Der Beantwortung dieser elementaren Frage muss deshalb höchste Priorität eingeräumt werden – gerade auch in den aktuellen Haushaltsverhandlungen“, so Frederichs.

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