Nachricht
23.9.2025

Neue Studie: Baustofflogistik als Rückgrat der Bauwirtschaft

Berlin, September 2025 – Auf den Transport von mineralischen Roh- und Baustoffen entfällt der mit Ab-stand größte Anteil des deutschen Güterverkehrs. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden (bbs) zeigt: Ohne funktionierende Logistik gerät die Versorgung der Bauwirtschaft ins Stocken – mit Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft. Der Verband fordert für den Bundeshaushalt 2026 mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur und die schnelle Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten neuen Finanzierungsarchitektur.

Mineralische Rohstoffe und Bauprodukte – darunter Sand, Kies, Naturstein, Zement oder Transportbeton – machen rund ein Drittel des gesamten Transportaufkommens in Deutschland aus. Dabei werden die mit Abstand meisten Transporte mit dem Lkw abgewickelt, da Gewinnungsstätten und Fabriken häufig eng-maschig im Bundesgebiet verteilt und die Strecken daher kurz sind. So beträgt die durchschnittliche Transportentfernung z.B. bei Kies, Sand und Natursteinen unter 45 Kilometer; betrachtet man nur Lkw-Transporte, sind es sogar nur 33 Kilometer. Allein die Lkw-Tonnage an bauaffinen Gütern beträgt das 2,5-fache des gesamten Güterverkehrs von Schiene und Wasserstraße.

Eine Verlagerung der Verkehrsträger ist aufgrund kurzer Transportstrecken und fehlender Anbindungen nur in Ausnahmefällen möglich, wenngleich auf längeren Distanzen auch Bahn und Binnenschiff zum Einsatz kommen. Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des bbs, betont: „Die Versorgung der Bauwirtschaft mit mineralischen Roh- und Baustoffen ist für unseren Wirtschaftsstandort von zentraler Bedeutung: Ohne Bau keine Wohnungen, keine Verkehrswege, keine Energieinfrastruktur. Deutsche Lkw bewegen fast die Hälfte ihrer Gesamttonnage allein mit Baustoffen – ein deutlicher Beleg für die Systemrelevanz unserer Branche.“

Die Studie analysiert, dass die Branche aufgrund ihrer hohen Transportkostenintensität signifikant von steigenden Logistikkosten z.B. durch CO₂-Bepreisung betroffen ist. Hinzu kommen teilweise längere Transportwege durch die tendenziell rückläufige Zahl von Gewinnungsstätten. Engpässe bei Fahrpersonal, Fahrzeugen und Infrastruktur stellen die Branche vor weitere Herausforderungen. Frederichs weiter: „Eine Verteuerung des Lkw-Verkehrs allein löst keine Verlagerungseffekte aus – sie verteuert nur das Bauen. Für eine klimafreundliche Baustofflogistik brauchen wir technologieoffene Lösungen, insbesondere die rasche Defossilisierung des Lkw. Gleichzeitig müssen die politischen Weichen so gestellt werden, dass schnellere Genehmigungsverfahren für den Rohstoffabbau und ausreichend Fachkräfte gerade auch in der Logistik Priorität haben.“

Infrastruktur-Sondervermögen: Deutliche Kritik am Verschiebebahnhof
Die Studie analysiert, dass die Baustoff-Steine-Erden-Industrie durch ihre hohe Transportintensität in besonderem Maße auf funktionierende Straßen, Schienen- und Wasserwege angewiesen ist. Entsprechend müsse die Ertüchtigung der Infrastruktur nun endlich die notwendige Priorität bekommen, so der Ver-band. Mit Blick auf die geplanten Ausgaben im Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität fordert er Nachbesserungen im Bundeshaushalt 2026. Zwar würden die Investitionen in die Infrastruktur insgesamt steigen, parallel verweist Verbandsgeschäftsführer Frederichs aber darauf, dass die geplanten Ausgaben im Kernhaushalt allein in 2025 um über 6 Mrd. Euro gekürzt werden. Im Ergebnis seien die finanziellen Mittel trotz historischer Verschuldung schon jetzt „auf Kante genäht“. Insbesondere für die Modernisierung von Bundesfernstraßen brauche es deutlich mehr Mittel als die vorgesehenen 10 Mrd. pro Jahr, da die Straße den mit Abstand größten Anteil des Verkehrs schultert. Der Verband fordert die Bundesregierung deshalb auf, das Sondervermögen ausschließlich für zusätzliche Investitionen zu nutzen und parallel dazu die Finanzierungsarchitektur für die Bundesverkehrswege zukunftsfest zu machen – mit überjährigen verkehrsträgerbezogenen Finanzierungskreisläufen und einer Stärkung der Autobahn GmbH. „Wir haben in den kommenden Jahren die – möglicherweise einmalige – Chance, die Weichen für eine zukunftsfeste Infrastruktur zu stellen. Diese Chance dürfen wir nicht verstreichen lassen“, so Frederichs.

Der Wohnungsbau steckt in der Krise: Während die Mieten im Land immer weiter steigen, sinken die Fertigstellungen kontinuierlich. Noch drastischer ist der Einbruch bei den Genehmigungen: mehr als 40 % unter dem Niveau von 2021/2022, im Mietwohnungsbau sogar auf historischem Tiefstand. Vor den abschließenden Haushaltsberatungen des Bundes in der nächsten Woche fordern der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs) ein aktives Gegensteuern der Bundesregierung und legen ein gemeinsames Positionspapier vor. Die Verbände drängen auf eine zinsverbilligte EH-55-Förderung, gekoppelt an klimafreundliche Heizungen, und längere Umsetzungsfristen für Wohnungen im Bauüberhang.

„Bezahlbarer Wohnraum gehört zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen. Trotzdem wird die Förderung des bezahlbaren frei finanzierten Wohnungsbaus politisch vernachlässigt“, kritisiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB. „Zu wenig zielgenaue Neubauprogramme aus Ampel-Zeiten laufen einfach weiter, obwohl sie kaum nachgefragt werden. Fördermittel bleiben so ungenutzt.“

Auch die Baustoffindustrie schlägt Alarm. “Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsentwurf 2026 sieht – ohne die soziale Wohnraumförderung – nicht einmal 0,2 Prozent für den Wohnungsbau vor“, führt Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des bbs aus. Mindestens das Zwei- bis Dreifache sei angesichts der dramatischen Lage im Wohnungsbau für einen ersten Anschub notwendig. Beide Verbände verweisen darauf, dass Bauen für die Mittelschicht kaum noch bezahlbar sei und immer mehr Bauunternehmen und Zulieferer in Existenznot geraten.

Maßnahmen

Damit es im Wohnungsbau wieder aufwärts geht, müssen die finanziellen Mittel besser eingesetzt werden. Konkret schlagen die Verbände eine Zinsverbilligung auf unter 2 Prozent für Darlehen bis 250.000 Euro vor – gekoppelt an klimafreundliche Heizlösungen wie Wärmepumpen, Pellets oder Fernwärme. Eine bundesweit einheitliche Umsetzungsfrist von sechs Jahren soll zudem verhindern, dass Genehmigungen verfallen.

„Wir haben derzeit rund 631.000 Wohnungen im Bauüberhang, davon 301.000 noch nicht begonnen,“ rechnet Pakleppa vor. Viele dieser Projekte seien unter anderen Finanzierungsbedingungen geplant worden und heute nicht mehr wirtschaftlich. „Eine befristete EH55-Förderung würde diese Wohnungen wieder realisierbar machen und damit den dringend benötigten Wohnraum sichern.“

Hinzu kommt, dass die Einführung der im Koalitionsvertrag enthaltenen befristeten EH55-Förderung zur Aktivierung des Bauüberhangs zwar richtig und wichtig ist. Dass das Volumen von 59 Mio. Euro aber ausreicht, ist laut beider Verbände mehr als fraglich. Die Branchenvertreter befürchten einen weiteren abrupten Förderstopp, da das Programm im Vergleich äußerst gering ausgestattet ist (klimafreundlicher Neubau: 1,1 Mrd. Euro, Jung kauft alt: 350 Mio. Euro).

„Die Summe ist nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein“, erklärt Frederichs, „für 2026 muss etwas Substanzielles folgen, damit die Bagger auch wirklich wieder rollen.“ Der Beschluss zum Haushalt 2026 ist im Bundestag für November und im Bundesrat für Dezember geplant.

Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Der Blick in die Haushaltsentwürfe für 2025 und 2026 offenbart Gegenteiliges: Statt neuer Investitionen werden bestehende Programme lediglich vom regulären Haushalt in das Sondervermögen verschoben – ohne spürbare finanzielle Aufstockung. Im Bereich der Sanierungsförderung werden die Mittel 2026 sogar deutlich zusammengestrichen, obwohl die Sanierungsquote im Gebäudesektor weiterhin viel zu niedrig ist. Positiv ist immerhin der Hochlauf der Infrastrukturinvestitionen. Der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs) kritisiert die Prioritätensetzung beim Bundeshaushalt und warnt vor einem drohenden Kollaps im Wohnungsbau.

„Der Bundeshaushalt 2026 setzt nicht die richtigen Prioritäten. Die Bundesregierung unterschätzt völlig die Lage am Wohnungsmarkt“, sagt bbs-Hauptgeschäftsführer Matthias Frederichs. Konjunkturdaten untermauern die Kritik. Zwischen dem Höchststand Ende 2022 und Mitte 2025 sind die Baustarts im Wohnungsbau um rund 85 Prozent eingebrochen. Die Produktion von Wandbaustoffen – darunter Ziegel, Kalksandstein und Porenbeton – wurde im Zeitraum 2022 bis 2024 um rund 50 Prozent zurückgefahren. Seit dem ersten Quartal 2025 stagniert die Produktion auf diesem niedrigen Niveau. Ähnlich drastisch sieht es bei den Baugenehmigungen aus, die im selben Zeitraum um 48 Prozent gesunken sind. Sollte keine konjunkturelle Wende eintreten, so warnt Frederichs, könnten einige Unternehmen das Handtuch werfen. Dann droht ein Dominoeffekt – beginnend bei den Baustoffproduzenten bis hin zur gesamten Wertschöpfungskette im Wohnungsbau.“ In diesem Fall wäre ein zukünftiger Kapazitätsaufbau kaum mehr möglich.

Zwar soll die soziale Wohnraumförderung in den kommenden Jahren weiter aufgestockt werden, was aus Verbandssicht zu begrüßen ist. Allerdings fehlen Anreize für den frei finanzierten, bezahlbaren Wohnungsbau. Besonders fatal ist aus Sicht des bbs, dass die im Koalitionsvertrag angekündigte vorübergehende Förderung des EH55-Standards weder in der Vorhabenplanung des Bauministeriums noch in den Haushaltsentwürfen auftaucht. Frederichs rechnet vor: „Ein Förderprogramm nach dem EH55-Vorbild würde einen Zuschuss von bis zu 30.000 Euro je Wohneinheit bedeuten und könnte dafür sorgen, dass ein großer Teil des Bauüberhangs doch noch realisiert wird. Das wären gut investierte Mittel.“  Denn eines sei klar: Bleibe die politische Kehrtwende aus, drohe der Wohnungsbau trotz des erheblichen Bedarfs von mindestens 320.000 neuen Wohnungen jährlich für längere Zeit unter die Marke von 200.000 Wohneinheiten zu fallen – soziale Verwerfungen wären die Folge.

Auch bei der dringend erforderlichen Erhöhung der Sanierungsquote im Gebäudesektor setze der Haushaltsentwurf falsche Signale: „Weite Teile unseres Gebäudebestands sind energetisch ineffizient. Mit den perspektivisch weiter steigenden Energie- und CO2-Kosten drohen Mietern und selbstnutzenden Eigentümern in wenigen Jahren erhebliche zusätzliche Belastungen. Hier bedarf es einer ambitionierten Förderpolitik, um sozialen Sprengstoff zu vermeiden”, sagt Frederichs.

In Bezug auf die dringend notwendige Infrastrukturerneuerung sei es laut Frederichs zwar erfreulich, dass die Investitionen in die Bundesverkehrswege im Haushalt 2026 auf hohem Niveau verstetigt werden. Es sei allerdings zweifelhaft, ob die geplanten Mittel so schnell wie geplant ausgegeben werden können – daher müsse dringend die Möglichkeit der überjährigen Verwendung der Gelder gewährleistet werden. "Das Infrastruktur-Sondervermögen ist für die Modernisierung Deutschlands von zentraler Bedeutung. Angesichts der damit verbundenen zusätzlichen Verschuldung muss gewährleistet sein, dass die Mittel auch zielgerichtet und wirksam eingesetzt werden”, so Frederichs.

Für die anstehende zweite Jahreshälfte fordert Frederichs eine klare Prioritätensetzung: „Die Bundesregierung muss kurzfristig alle im Koalitionsvertrag vereinbarten wohnungspolitischen Maßnahmen anstoßen, so dass sie bis Jahresende umgesetzt werden können. Gleichzeitig bedarf es einer Neujustierung der Sanierungsförderung und der Gewährleistung von Zusätzlichkeit bei den Infrastrukturinvestitionen aus dem Sondervermögen.“

Berlin, Juli 2025 – Die Baustoffproduktion in Deutschland ist in den vergangenen drei Jahren um rund ein Viertel zurückgegangen. „Die Auswirkungen sind im ganzen Land spürbar: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum, an einer leistungsfähigen Infrastruktur und beim Klimaschutz kommen wir nicht in dem Tempo voran, das notwendig wäre“, so Dr. Dominik von Achten, Präsident des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden (bbs), anlässlich der diesjährigen Mitgliederversammlung des Verbandes in Berlin. Trotz der angespannten Lage gebe es jedoch Anlass zu verhaltenem Optimismus: „Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung und insbesondere das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz senden wichtige Signale“, sagt von Achten. Die jüngsten Produktionsdaten ließen einen leichten Aufwärtstrend erkennen. „Sollten zentrale Vorhaben des schwarz-roten Sofortprogrammes bis Jahresende umgesetzt werden, könnten wir die Talsohle hinter uns lassen.“

Auch wenn Deutschland aktuell Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum unter den OECD-Ländern sei, zeige die Zusammenarbeit von Regierung und Opposition im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz, dass die strukturellen Probleme parteiübergreifend erkannt worden seien, so von Achten. Dies zeige auch der breit angelegte Instrumentenmix zur Entlastung bei den Energiekosten und der erkennbare Wille zur Reduktion der bürokratischen Pflichten. Dennoch macht von Achten deutlich: „Die Bundesregierung wird an dem gemessen, was sie tatsächlich auch umsetzt. Die 70-Tage-Frist, die sich Friedrich Merz gesetzt hat, läuft Mitte Juli ab. Nach den Ankündigungen ist nun Tempo bei der Umsetzung gefordert, um die Konjunktur wieder anzukurbeln und den Industriestandort zu stabilisieren.“

Neuwahlen des Verbandsvorstands

Im Zentrum der Mitgliederversammlung standen die turnusgemäßen Vorstandswahlen. Dr. Dominik von Achten, CEO von Heidelberg Materials, wurde für eine weitere dreijährige Amtszeit als Präsident des bbs bestätigt. In seiner Rede hob er den starken Zusammenhalt innerhalb der vielfältigen Baustoff-Steine-Erden-Industrie hervor, mahnte zugleich jedoch, sich mit dem aktuellen wirtschaftlichen Status quo nicht zufriedenzugeben. Dr. Kai Schaefer (Schaefer Kalk) wurde als zweiter Vizepräsident neben dem im Amt bestätigten Thomas Bremer (VG Orth) gewählt. Neu im Vorstand sind Cordula Gudduschat (Saint-Gobain) und Claus Girnghuber (GIMA). Wiedergewählt wurden außerdem Dr. Hannes Zapf (Zapf Kalksandsteinwerke), Christian Strunk (Hülskens Holding) und Felix Manzke (Manzke Gruppe).

Parlamentarischer Abend zum Start der neuen Legislaturperiode
Wie im vergangenen Jahr hat der bbs nach der Mitgliederversammlung zu einem Parlamentarischen Abend geladen. Nach den bau- und klimapolitischen Impulsen seitens der Bundesregierung diskutierte Vizepräsident Bremer vor rund 130 Gästen im Zollpackhof mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages über den Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland, das Sondervermögen Infrastruktur sowie die Notwendigkeit der industriellen Transformation.

Responsive Ansicht in Arbeit