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19.5.2025

"Wirtschaftswende jetzt!" - Vorschläge der Baustoffindustrie für ein Sofortprogramm

Nach Antritt der neuen Bundesregierung ist entschlossenes Handeln gefordert. Um aus der Rezession zu kommen, braucht es kurzfristig starke Impulse für Wohlstand, Lebensqualität und wirtschaftliches Wachstum. Die Baustoff-Steine-Erden-Industrie empfiehlt daher, die folgenden sechs Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag im Rahmen eines Sofortprogramms noch vor der Sommerpause umzusetzen:

  1. Wettbewerbsfähigkeit sichern: Energiekosten spürbar senken
    Der Koalitionsvertrag sieht vor, die Energiekosten um mindestens 5 ct/kWh zu reduzieren. Die dahinterliegenden Maßnahmen, darunter die Deckelung der Netzentgelte, die dauerhafte Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum, die Abschaffung der Gasspeicherumlage und die Einführung eines (marktbasierten) Industriestrompreises, gilt es schnellstmöglich umzusetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes zu steigern.
  1. Industriestandort stärken: Bürokratieaufwand und Berichtspflichten signifikant abbauen  
    Die neue Bundesregierung hat es als Ziel ausgegeben, die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 % zu reduzieren. Dies wäre im Einklang mit dem Wettbewerbsfähigkeitskompass der EU-Kommission, der eine Reduzierung der Berichtspflichten für Unternehmen um bis zu 25 Prozent vorsieht. Eine erste effektive Maßnahme wäre es, im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit jegliche Übererfüllung europäischer Vorgaben (“Gold-Plating”) zurückzunehmen.
  1. Wohnungsbau beleben: EH55 wieder fördern
    Besonders in den Metropolen klafft auf dem Wohnungsmarkt die Schere zwischen Angebot und Nachfrage immer weiter auseinander. Um den Bauüberhang zu aktivieren, sollte schnellstmöglich – wie im Koalitionsvertrag angekündigt – der EH55-Standard wieder förderfähig gemacht werden. Darüber hinaus sollte noch vor der Sommerpause ein neuer §246e BauGB beschlossen werden – mit dem Ziel, Bauen schneller und günstiger zu machen.  
  1. Infrastruktur modernisieren: Investitionsoffensive für leistungsfähige Verkehrswege starten
    Der Beschluss des Sondervermögens Infrastruktur war der erste wichtige Schritt, um die Modernisierung und bedarfsgerechte Erweiterung der Infrastruktur sicherzustellen. Nun muss schnellstmöglich ein Investitionsplan entwickelt werden, um den Kapazitätsaufbau anzureizen und eine effiziente Umsetzung der Vorhaben zu ermöglichen. Planungs- und Genehmigungsverfahren gilt es dabei zu beschleunigen.  
  1. Transformation vorantreiben: Kohlendioxid-Speicherungs- und Transportgesetz verabschieden
    Eine dekarbonisierte Industrieproduktion ist nur mit der Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 (CCUS) realisierbar. Deutschland kann hier eine Vorreiterrolle einnehmen und mit einem belastbaren rechtlichen Rahmen für Milliardeninvestitionen in den Industriestandort auslösen. Voraussetzung dafür ist die im Koalitionsvertrag angekündigte rasche Verabschiedung des Kohlendioxid-Speicherungs- und Transportgesetzes (KSpTG).
  1. Rohstoffversorgung sichern: Überragendes öffentliches Interesse für mineralische Rohstoffe  
    Rohstoffe bilden die Grundlage für Wohlstand und Transformation. Aus diesem Grund ist es richtig, dass die neue Bundesregierung einen verbesserten Zugang zu heimischen Rohstoffen im Koalitionsvertrag hinterlegt hat. Um den immer weiter zunehmenden Verzögerungen durch ausgedehnte Planungs- und Genehmigungsverfahren entgegenzuwirken, sollte die Rohstoffgewinnung als überragendes öffentliches Interesse gesetzlich verankert werden.

Seit 2016 unterstützt der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden als Trägerverband die Energieeffizienz-Initiative der Bundesregierung. In dieser Woche ist das Netzwerk bbs effizient in seine vierte Netzwerkperiode gestartet. „Ein effizienter Umgang mit Energie spart Kosten, optimiert Prozesse und schützt das Klima. Wir freuen uns, dass unsere Branche dieses wichtige Thema weiterhin aktiv vorantreibt“, erklärt Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Baustoffe – Steine und Erden. Unter dem Titel bbs effizient 4.0haben sich 13 Unternehmen – darunter Betriebe aus der Zement-, Kalk-, Gips-, Mineralwolle-, Quarz- und Keramikindustrie – zusammengeschlossen, um sich ein gemeinsames Energieeffizienz-Ziel zu geben. Im Rahmen des Netzwerks tauschen sich die Verantwortlichen für Energiemanagement regelmäßig über die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen aus. Die Laufzeit beträgt, wie bereits in den drei vorherigen Phasen, drei Jahre.

Trotz des erfreulichen Zuwachses auf 13 teilnehmende Unternehmen mahnt Frederichs jedoch zur Vorsicht: „Der wachsende bürokratische Aufwand auch im Bereich Energie stellt eine zunehmende Belastung dar. Während die Unternehmen engagiert an der Optimierung ihres Energieeinsatzes arbeiten, hemmt überbordende Bürokratie zunehmend die Umsetzung weiterer Einsparpotenziale“, so Frederichs. „Die Politik muss endlich auch bei der Bürokratieeffizienz Fortschritte machen – sonst gerät die Transformation ins Stocken.“ Als Beispiel nennt er das 2023 beschlossene Energieeffizienzgesetz, das in der nationalen Umsetzung über die EU-Vorgaben hinaus zusätzliche Dokumentationspflichten vorsieht. Von der neuen Bundesregierung erwartet Frederichs deshalb eine Rückführung auf das europäische Maß. Die Mitgliedsunternehmen zeigen sich zunehmend frustriert über die wachsenden staatlichen Auflagen und Einsparvorgaben. „Die Initiative wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um auf ordnungsrechtliche Eingriffe zu verzichten“, erinnert Frederichs. „Wir haben in allen drei Netzwerkphasen unsere Ziele übererfüllt – und könnten noch deutlich mehr erreichen, wenn nicht immer größere Ressourcen für Planungs- und Nachweispflichten aufgewendet werden müssten.“ Schließlich sei das hohe Niveau an Energiekosten in Deutschland bereits Anreiz genug, um jeden Hebel für einen effizienteren Umgang mit Energie zu nutzen.

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Der bbs erklärt gemeinsam mit mehr als 100 Verbänden zum aktuellen Stand der Koalitionsverhandlungen:

"Während die Weltökonomie beständig wächst, verharrt Deutschland in der Rezession. Unternehmen und Betriebe geraten im Standortwettbewerb immer mehr ins Hintertreffen. Unser Land verliert an wirtschaftlicher Stärke. Stärke, die Deutschland braucht, um seinen Wohlstand, seinen sozialen Zusammenhalt und seine Sicherheit zu gewährleisten.

In den vergangenen Wochen hat sich die wirtschaftliche Lage dramatisch zugespitzt. Handelskonflikte eskalieren, die Inflation steigt, das Wachstum schwächt sich weiter ab – überall verdichten sich die Krisensignale. Inzwischen ist die Arbeitslosigkeit bei der Drei-Millionen-Marke angekommen. Die Fakten sind unbestreitbar, Deutschland steckt in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass diese Krise vor allem hausgemacht ist. Deutschland hat nicht nur ein vorübergehendes, konjunkturelles, sondern insbesondere strukturelle Probleme.

Doch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen zeigen sich von diesen Entwicklungen scheinbar unbeeindruckt. Ihre bisherigen Zwischenergebnisse sind unzureichend und tragen der sich zuspitzenden Lage in den Unternehmen und Betrieben nicht Rechnung. Was bislang vorliegt, ignoriert in vielen Bereichen die wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen. Eines ist klar: Schulden allein lösen keine Probleme. Ohne tiefgreifende Reformen wird es keinen nachhaltigen Aufschwung geben. Und nur durch neues wirtschaftliches Wachstum können Arbeits- und Ausbildungsplätze gesichert werden. Jetzt ist daher entschlossenes Handeln gefragt.

Es darf in den Koalitionsverhandlungen nicht darum gehen, wer sich symbolisch durchsetzt. Es kommt vielmehr darauf an, für unser Land die Weichen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu stellen. Vor allem in den folgenden Bereichen muss ein Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD deutlich mehr Ambition zeigen, als es bisherige Zwischenstände erwarten lassen:

1. Deutschland nimmt bei der Höhe der Steuerbelastung für Unternehmen und Betriebe mit rund 30 Prozent international eine Spitzenposition ein, was sich zu einem erheblichen Standortnachteil entwickelt hat. Die Steuerbelastung der Unternehmen und Betriebe muss spürbar reduziert werden. Ziel muss es sein, die derzeitige Steuerbelastung der Unternehmen – zumindest schrittweise – auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von maximal 25 Prozent abzusenken.

2. Die sozialen Sicherungssysteme müssen dringend reformiert werden, um sie finanzierbar, zukunftsfest und generationengerecht zu gestalten. Für die Unternehmen und insbesondere lohnintensive Betriebe bedeuten steigende Beitragssätze ein Mehr an Belastung und eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit. Bei den Beschäftigten führen sie zu weniger Netto vom Brutto.

3. Der deutsche Staat muss schneller und effizienter werden. Die künftigen Koalitionspartner müssen dem Abbau von Bürokratielasten für die Wirtschaft höchste Priorität einräumen. Berichts- und Dokumentationspflichten müssen systematisch abgebaut werden. Auch zeitraubende und umständliche Planungs- und Genehmigungsverfahren verhindern Investitionen und bremsen Innovationen in der Wirtschaft. Sämtliche Verfahren müssen über alle Fachgesetze hinweg vereinfacht und verkürzt werden.

4. Hohe Energiekosten sind zu einem wesentlichen Wettbewerbsnachteil der deutschen Wirtschaft geworden. Der Standort Deutschlandbraucht daher wieder international konkurrenzfähige Energiepreise (Strom, Gas, Wasserstoff) und mehr Versorgungssicherheit. Neben kurzfristigen Maßnahmen zur finanziellen Entlastung der Energieverbraucher sind zudem massive strukturelle Reformen zwingend notwendig, um die Energiekosten dauerhaft zu senken.

Nur wirtschaftliches Wachstum sichert Arbeitsplätze und den sozialen Zusammenhalt. CDU, CSU und SPD müssen sich jetzt für wirksame, strukturelle Reformen entscheiden. Der Standort Deutschland muss dringend wieder attraktiver werden – für Investitionen, für Innovationen und für all jene, die mit unternehmerischem Mut Verantwortung übernehmen. Es muss sich lohnen, in diesem Land ein Unternehmen zu führen. Wenn die künftige Bundesregierung das nicht schnell und konsequent ermöglicht, wird sich der wirtschaftliche Abschwung in den kommenden Jahren nicht mehr aufhalten lassen."

Die vollständige Erklärung und die mitzeichnenden Verbände finden Sie hier:

Der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. (bbs) hat zum fünften Mal seit 2012 seine Studie zur Nachfrage nach Primär- und Sekundärrohstoffen der Steine-Erden-Industrie in Deutschland vorgelegt. Unter dem Titel „Rohstoffnachfrage 2045 – Ressourcen sichern, Zukunft bauen“ zeigt die Analyse, dass auch in den kommenden zwei Jahrzehnten erhebliche Mengen mineralischer Rohstoffe wie Kies, Sand, Naturstein, Ton und Industrieminerale benötigt werden – und welchen Beitrag Sekundärrohstoffe leisten können. Ergänzend dazu hat der Verband ein Rechtsgutachten veröffentlicht, um konkrete Maßnahmen zum Abbau bürokratischer Hürden bei der Rohstoffgewinnung aufzuzeigen.

„Der Bedarf an Wohnraum, Infrastruktur, Windrädern, PV-Anlagen und Energieleitungen bleibt hoch – Deutschland ist auf mineralische Rohstoffe angewiesen“, betont Dr. Matthias Frederichs, Hauptgeschäfts-führer des bbs. Die vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführte Studie schätzt den Rohstoffbedarf bis 2045 anhand von zwei wirtschaftlichen Entwicklungspfaden ab: In der sogenannten oberen Variante (0,9 % jährliches Wirtschaftswachstum) liegt der Rohstoffbedarf im Jahr 2045 bei 525 Mio. t – ein Rückgang um 5,4 % gegenüber 2022. In der unteren Variante (0,1 % Wachstum) fällt der Bedarf auf 452 Mio. t, was einem Rückgang von 18,5 % entspricht. Der Verband hebt hervor, dass angesichts der zuletzt schwachen Konjunktur eher vorsichtige Annahmen gewählt wurden – geht jedoch insgesamt von einem höheren Wachstum aus: „Die Basis der Infrastrukturmodernisierung bilden mineralische Rohstoffe. Das beschlossene Sondervermögen könnte somit die Nachfrage deutlich ankurbeln“, so Frederichs.

Weniger optimistisch fällt die Prognose bei Sekundärrohstoffen aus – etwa bei Recycling-Baustoffen und industriellen Nebenprodukten. Ihr Aufkommen liegt in der oberen Variante bei 94 Mio. t, in der unteren bei 88 Mio. t (–11,5 %). Die Sekundärstoffquote würde demnach 15,2 % (+/-0,0 %-Punkte) bzw. 16,3 % (+1,1 %-Punkte) betragen. Trotz großer Anstrengungen für mehr Kreislaufwirtschaft im Bausektor bleiben die Potenziale zur Steigerung der Sekundärstoffquote begrenzt. So entfallen durch den Kohleausstieg Nebenprodukte wie REA-Gips und Steinkohleflugaschen, und auch das Aufkommen an Roheisenschlacken geht infolge der Dekarbonisierung der Stahlindustrie zurück. Zudem spielt das Bauen im Bestand im Vergleich zu Abriss und Neubau eine immer größere Rolle, wodurch einer Zunahme des Aufkommens an Recycling-Baustoffen Grenzen gesetzt sind.

Rechtsgutachten zeigt Wege für Bürokratieabbau in der Rohstoffgewinnung auf
Angesichts dieser Ergebnisse will sich die Branche in der neuen Legislaturperiode verstärkt dafür einsetzen, den Zugang zu heimischen Rohstoffen zu erleichtern. „Unternehmen sehen sich zunehmend durch Bürokratie und strenge Auflagen ausgebremst – Genehmigungsverfahren sind heute ein echtes Existenzrisiko“, warnt Frederichs. In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Rohstoffbetriebe in Deutschland um mehr als ein Viertel gesunken.

Um konkrete Lösungsansätze aufzuzeigen, hat der bbs ein juristisches Gutachten bei Prof. Dr. Walter Frenz (RWTH Aachen) in Auftrag gegeben. Dies unterstreicht die zentrale Rolle der Rohstoffgewinnung für wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz und formuliert einen 10-Punkte-Plan zur Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Dazu zählen unter anderem die Einstufung des Rohstoffabbaus als „überragendes öffentliches Interesse“ oder die Einführung einer Rohstoffsicherungsklausel zur Vermeidung von Versorgungsengpässen. Daneben sollten klare Fristen für die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen sowie Stellungnahmen der Öffentlichkeit definiert werden. „Seit Jahrzehnten wird die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren angekündigt, ohne das viel passiert ist. Wenn es die neue Bundesregierung mit ihren Ankündigungen zum Bürokratieabbau ernst meint, ist jetzt der Zeitpunkt für rasches Handeln gekommen.“, so Frederichs.

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